Rahmenbedingungen für den Parallelhandel von Pflanzenschutzmitteln

Pflanzenschutzmittel sind dazu bestimmt, Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen. Sie können allerdings auch Risiken und Gefahren für Menschen, Tiere und Umwelt in sich bergen, insbesondere wenn sie ungeprüft und ohne amtliche Zulassung in Verkehr gebracht oder unsachgemäß angewendet werden. Aus diesem Grund ist für Pflanzenschutzmittel ein Zulassungs- und Genehmigungsverfahren gesetzlich vorgeschrieben. Pflanzenschutzmittel dürfen nur dann in Österreich in Verkehr gebracht und angewandt werden, wenn sie entweder über eine Zulassung in Österreich oder über eine Genehmigung für den Parallelhandel verfügen. Darüber hinaus ist bis 31.12.2013 noch eine Übergangsregelung für zum Inverkehrbringen in Österreich angemeldete Pflanzenschutzmittel aus Deutschland und den Niederlanden gültig (Liste der gemäß § 3 Abs. 4 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 gemeldeten Pflanzenschutzmittel).

Da europaweit verstärkt nicht verkehrsfähige parallel gehandelte Pflanzenschutzmittel aufgefunden werden, sind sowohl Pflanzenschutzmittelhändler als auch die Verwender von Pflanzenschutzmitteln zunehmend verunsichert. Nachstehend sollen die Rahmenbedingungen für den Parallelhandel von Pflanzenschutzmitteln zusammenfassend dargestellt werden.

Voraussetzungen für den Parallelhandel

Das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) ist in Österreich die zuständige Behörde für die (jeweils individuell zu erteilende) Genehmigung eines Pflanzenschutzmittels zum Parallelhandel. Der Antrag wird vom BAES geprüft. Sind die Voraussetzungen gemäß Artikel 52 der EU-Verordnung 1107/2009 gegeben, erteilt das BAES die Genehmigung mit Bescheid. Dieser Bescheid erlaubt dem Genehmigungsinhaber, ein Pflanzenschutzmittel mit definierter Zulassungsnummer (es wird vom BAES eine Zusatznummer zur Zulassungsnummer des österreichischen Referenzmittels vergeben) und definiertem Handelsnamen aus einem bestimmten Mitgliedstaat der Europäischen Union in Österreich zu handeln. Ein parallel gehandeltes Pflanzenschutzmittel ist in gleicher Weise anzuwenden wie das entsprechende Referenzmittel in Österreich. Es gelten die gleichen Anwendungsgebiete, Anwendungsbestimmungen und Auflagen. Andere Pflanzenschutzmittel, wie z.B. Mittel aus anderen Mitgliedstaaten oder von anderen Herstellern, sind unter der jeweils für die Genehmigung vergebenen österreichischen Zulassungsnummer nicht verkehrsfähig.

Der Parallelhandel von Pflanzenschutzmitteln ist nur mit Mitteln erlaubt, welche in dem in der Genehmigung für den Parallelhandel angegebenen Mitgliedstaat über eine eigene Zulassung verfügen und in der Zusammensetzung mit einem in Österreich zugelassenen Referenzmittel übereinstimmen. Parallelhändler haben sich zu vergewissern, dass die Zulassung der gehandelten Ware zum Zeitpunkt des Handels gültig ist.

Artikel 52 der EU-Verordnung 1107/2009 findet auch für den Bezug von Pflanzenschutzmittel für den Eigengebrauch Anwendung,  d.h. auch in diesem Fall ist eine Genehmigung für den Parallelhandel durch das BAES notwendig bevor ein Direktbezug aus einem anderen EU-Mitgliedstaat zulässig ist.

Gültigkeitsdauer der Genehmigung, Abverkaufs- und Aufbrauchsfristen

Die Genehmigung für den Parallelhandel ist für die Dauer der Zulassung des Referenzmittels gültig. Endet diese durch Zeitablauf oder Aufhebung der Zulassung, so endet zum gleichen Zeitpunkt auch die Gültigkeit erteilter Genehmigungen. det also beispielsweise die Zulassung des Referenzmittels nach 10 Jahren, endet zu diesem Zeitpunkt auch die Gültigkeit der Genehmigung. Dies gilt auch dann, wenn das Referenzmittel anschließend erneut zugelassen wird. Soll in diesem Fall das Importmittel weiter vertrieben werden, ist eine neue Genehmigung erforderlich. Wird die Referenzzulassung jedoch auf Antrag des Zulassungsinhabers aufgehoben und sind die Zulassungsvoraussetzungen weiter gegeben, endet in diesem Fall die Gültigkeit der Genehmigung zu dem Zeitpunkt, an dem die Referenzzulassung durch Zeitablauf ausgelaufen wäre. Wird die Zulassung im Ursprungsmitgliedstaat aus Gründen der Sicherheit und Wirksamkeit aufgehoben, endet die Gültigkeit der Genehmigung ebenfalls zu einem früheren Zeitpunkt.

Hinsichtlich Abverkauf und Aufbrauch gelten für Pflanzenschutzmittel, die auf Grundlage einer Genehmigung für den Parallelhandel eingeführt und in Verkehr gebracht wurden, die gleichen Regelungen wie für zugelassene Pflanzenschutzmittel.

Dokumentation

Da Parallelhändler die Zusammensetzung der gehandelten Produkte nicht kennen und die Herkunft durch Laboranalysen zweifelsfrei nicht feststellen können, können sie nur anhand der Dokumentation die Herkunft belegen. Eine sorgfältige Buchführung versteht sich für ein seriöses und verantwortungsbewusstes Handelsunternehmen von selbst. Unternehmen, die über eine Genehmigung für den Parallelhandel verfügen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie auf gleiche Art und Weise für die Sicherheit des gehandelten Produkts verantwortlich sind wie Inhaber von Pflanzenschutzmittelzulassungen. Eine akribische innerbetriebliche Dokumentation ist gemäß den österreichischen Bestimmungen (Pflanzenschutzmittelverordnung 2011 und –gesetz 2011) und  EU-Verordnung 1107/2009 zwingend vorgeschrieben, um eine lückenlose Nachverfolgbarkeit der Produkte zu garantieren. Die Geschäfts- und Betriebsinhaber haben in allen maßgeblichen Unterlagen, insbesondere Rechnungen, Lieferscheinen, Geschäftsaufzeichnungen, Anbots- und Bestelllisten, die Pflanzenschutzmittel mit der zugelassenen Handelsbezeichnung und der Pflanzenschutzmittelregister-Nummer anzuführen. Eine allgemeine Bezeichnung wie z.B. nur Wirkstoffname und Wirkstoffmenge reicht nicht aus. Die größte Sicherheit bietet originalverpackte Ware aus dem Ursprungsmitgliedstaat, bei der Handelsname und Zulassungsnummer direkt auf dem Gebinde aufgeführt sind.

Herkunft

Der Parallelhändler darf nur jenes Produkt in Verkehr bringen, welches im Bescheid des BAES als ident befunden und genehmigt wurde. Wird das Produkt von einem Zwischenhändler aus einem anderen Mitgliedstaat erworben, ist eine erhöhte Sorgfalt geboten. Der Parallelhändler muss sicherstellen, dass die korrekte Herkunft gegeben ist und anhand der vorgenannten Dokumente auch belegt werden kann. Nachgeahmte Produkte, oft als Generika bezeichnet, die keine Zulassung in einem Mitgliedstaat der EU besitzen, sind keine Parallelimporte und dürfen ohne Zulassung nicht vermarktet werden.

Chargennummern und Herstellungsdatum

Anhand der Chargennummern und des Herstellungsdatums können einzelne Produktionen identifiziert werden. Nur wenn die Original-Chargennummer des Herstellers im Ursprungsmitgliedstaat aufgeführt ist, kann die Ware bei möglichen Problemen unmittelbar einer Produktionscharge zugeordnet werden.

Um eine bestmögliche Rückverfolgbarkeit zu ermöglichen, ist der Parallelhändler bei Kennzeichnung des Produktes gesetzlich verpflichtet, die Original-Chargennummer und das Herstellungsdatum auf den Gebinden des gehandelten Mittels aufzuführen bzw. müssen die Chargennummer der Formulierung des Originalproduktes und das Herstellungsdatum auf der Verpackung weiterhin deutlich sichtbar und lesbar sein.

Geschäftsbeziehung

Parallelhändler beziehen ihre Ware oft nicht direkt vom Zulassungsinhaber im Ursprungsmitgliedstaat, sondern über Zwischenhändler. Wird die Ware nicht in der Originalverpackung angeboten, muss die oben beschriebene Dokumentation vollständig vorhanden sein. Weigert sich der Vorlieferant, diese Daten offenzulegen, rechtfertigt dies den Verdacht, dass das Mittel nicht verkehrsfähig ist. Daher sollte zur eigenen Sicherheit vom Kauf abgesehen werden. Zudem sollten frühere Erfahrungen mit diesem Zwischenhändler berücksichtigt werden. Gab es bei Produkten des Zwischenhändlers in der Vergangenheit Probleme, sind die Geschäftsbeziehungen mit dem entsprechenden Zwischenhändler zu hinterfragen. Im Groß- und Einzelhandel tätige Firmen sollten sich von Parallelhändlern vertraglich zusichern lassen, dass ausschließlich verkehrsfähige Ware korrekter Herkunft gehandelt wird.

Anmerkungen zu Einkaufspreisen

Ein zusätzlicher Hinweis auf die legale Herkunft bzw. die Identität von Pflanzenschutzmitteln kann der Preis sein. Das Geschäft mit Parallelhandelsprodukten baut auf Preisunterschieden zwischen Pflanzenschutzmittelmärkten in der EU auf. Sind bei einem Angebot die Preise ohne erkennbaren Grund außergewöhnlich niedrig, muss daher der Verdacht bestehen, dass es sich um illegale Pflanzenschutzmittel handeln könnte, insbesondere dann, wenn sie nicht in der Originalverpackung gehandelt werden und die Dokumentation nicht umfassend ist. Neben den Gewinnmargen entstehen bei jedem Geschäft zusätzliche Kosten für den Transport und ggf. für das Umverpacken und Umetikettieren sowie für die Lagerung der Mittel. Dadurch können auch bei bestehenden Preisunterschieden zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten bestimmte Mindestpreise in der Regel nicht unterschritten werden. Auch wenn die Verkaufspreise im Mitgliedstaat durch großzügige Rabatte möglicherweise unterboten werden können, ist es aufgrund der Gewinnmargen und Kosten in den meisten Fällen nicht möglich, Produkte zu Preisen zu erwerben, die unter den Mindestabgabepreisen der Zulassungsinhaber liegen.

Zusammenfassung

Firmen, die mit Pflanzenschutzmitteln handeln, tragen eine besondere Verantwortung, da von den gehandelten Produkten potentielle Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt ausgehen. Da Pflanzenschutzmittelhändler im Gegensatz zu Herstellern oder Zulassungsinhabern die Zusammensetzung der Produkte nicht kennen, können sie nur anhand folgender Parameter die Herkunft und Identität und damit die Sicherheit der Produkte sicherstellen:

  • Lieferscheine, Frachtbriefe, Rechnungen und Kaufbelege, auf denen der Handelsname und die Zulassungsnummer des Mittels im Ursprungsmitgliedstaat aufgeführt sind
  • Originalverpackung aus dem Ursprungsmitgliedstaat
  • Herkunft des Mittels aus dem Ursprungsmitgliedstaat
  • Chargennummer und Herstellungsdatum
  • Erwerb bei seriösen (Zwischen-)Händlern, deren Ware bisher keinen Anlass zu behördlichen Maßnahmen gegeben hat
  • Nachvollziehbare Preise, bei denen Abgabepreise im Ursprungsmitgliedstaat, Gewinnmargen der Zwischenhändler und sämtliche weitere Kosten wie z. B. für den Transport, das Umverpacken und das Umetikettieren, berücksichtigt sind.
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