Düngemnittel: Entwurf der EU-Düngemittelverordnung - Was ist neu?

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Das Ziel der neuen EU Düngemittelverordnung ist die Schaffung eines harmonisierten Rechtes für den Handel mit allen Düngemittelprodukten (organischen und mineralischen Düngern, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten, Biostimulantien) im gesamten EU Binnenmarkt.

Derzeitige Situation

Das bestehende EU Düngemittelrecht (VO EG 2003/2003 über Düngemittel vom 13.10.2003) regelt das Inverkehrbringen und somit den Handel von mineralischen Düngemitteln im EU Binnenraum. Die wesentlichsten Schwachpunkte dieser in die Jahre gekommenen Verordnung sind der eingeschränkte Geltungsbereich (nur Mineraldünger), fehlende Regelung der Düngemittelausgangsstoffe und fehlende Schadstoffvorschriften. Nur Österreich, Schweden und Finnland dürfen als einzige Länder im EU Binnenraum aufgrund einer Entscheidung der Kommission die Einhaltung eines Grenzwertes für Cadmium in EG-Düngemitteln mit mehr als fünf Prozent Phosphat im Zuge einer offiziellen Überwachung sanktionieren.

Für den EU weiten Verkehr mit Düngemitteln, Kultursubstraten, Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln wird von den Händlern und der Industrie in den letzten Jahren zunehmend das Prinzip des freien Warenverkehrs auf Basis der Lissabon Verträge genutzt. Der freie Warenverkehr erlaubt bei einem legalen Inverkehrbringen von Waren in einem der Mitgliedstaaten, diese Produkte dann auch europaweit legal – auf legaler Basis des Ursprungslandes - in den Verkehr zu bringen. Das eigene nationale Düngemittelrecht ist in diesem Fall praktisch wirkungslos, die Marktüberwachung von solchen Produkten schwierig und der Verbraucherschutz somit gefährdet.
Diese Rechtsunsicherheiten für den Handel und den Marktüberwachungsbehörden auf der einen Seite und die fehlenden Sicherheits- und Qualitätsgarantien für den Anwender und Verbraucher auf der anderen Seite, führten dazu, dass die europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten im Jahr 2010 eine Initiative für ein neues europäisches Düngemittelrecht setzten.

Ziel der neuen EU Düngemittelverordnung

Das Ziel der neuen EU Düngemittelverordnung ist die Schaffung eines harmonisierten Rechtes für den Handel mit allen Düngemittelprodukten (organischen und mineralischen Düngern, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten, Biostimulantien) im gesamten EU Binnenmarkt. Diese neue Verordnung soll anspruchsvolle Regelung hinsichtlich der Wirksamkeit und der Sicherheit der Düngeprodukte enthalten. Eine wesentliche Vorgabe war die Schaffung von Rechtssicherheit und Vereinfachung für Industrie, Hersteller, Handel und Marktüberwachung durch eine einheitlich anzuwendende Verordnung und den dazugehörigen Standards und Normen. Diese EU weit gültige Rechtsnorm soll einheitliche Wettbewerbsbedingungen bei der Produktentwicklung von Düngemitteln schaffen. Relativ spät im Verlauf der Konzipierung der neuen Verordnung sind von der EU Kommission die Aspekte Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft als zusätzliche Ziele implementiert worden. In diesem Zusammenhang soll die Verwertung von Nährstoffen und Wertstoffen für die Produktion von Düngemitteln aus sicheren Nebenprodukten und Abfallstoffen ermöglicht werden, um Kreisläufe zu schließen, Rohstoffimporte und den Abbau von nicht wiedererneuerbaren Rohstoffen (z.B. Phosphor, Torf) zu vermindern.

Seit 2016 liegt ein Entwurf der EU Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (kleinere und mittlere Unternehmen) vor.

Inhalte des vorliegenden Entwurfes der EU Düngemittelverordnung

Der vorliegende Entwurf der neuen Düngemittelverordnung mit dem Titel „Verordnung des europäischen Parlamentes und Rates mit Vorschriften für das Inverkehrbringen von EU-Düngemittelprodukten und zur Änderung der Verordnung (EC) 1069/2009 und Verordnung (EC) 1107/2009“ besteht aus einem verfügenden Teil (7 Kapitel) und insgesamt fünf Anhängen. Zwar werden Strukturen und Grundanforderungen im eigentlichen Verordnungsteil getroffen. Die später den Alltag bestimmenden stofflichen und verwaltungstechnischen Anforderungen finden sich allerdings vorwiegend in den fünf Anhängen.

Verfügender Teil der Verordnung

Der Geltungsbereich der neuen Verordnung wird im verfügenden Teil festgelegt und gegenüber dem bestehenden EG-Düngemittelrecht (VO EG 2003/2003) deutlich erweitert. Ein Sammelbegriff „EU-Düngeprodukte“ wird in Artikel 2 definiert, der die künftig von diesem Recht abgedeckten Produktgruppen (organische und mineralische Düngern, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate, Biostimulantien) erfassen soll. Im Geiste der Kreislaufwirtschaft wird mit Artikel 18 das Ende der Abfalleigenschaft näher bestimmt, soweit zunächst dem Abfallrecht unterliegende Stoffe für die Produktion von Düngeprodukte genutzt werden sollen.

In den Artikeln 42 und 43 des verfügenden Teiles wird die Kommission berechtigt die Inhalte der Anhänge II-IV durch sogenannte „delegierter Rechtsakte“ in eigener Zuständigkeit zu ändern, ohne das gesamte aufwändige Rechtsetzungsverfahren durchlaufen zu müssen. Diese Änderung dürfen gemäß Artikel 42 nur aufgrund von neuen technischen Entwicklungen in Zusammenhang mit Ausgangsstoffen für die Düngemittelproduktion aus tierischen Nebenprodukten und Abfallstoffen beschlossen werden. Dies kann im Einzelfall sehr praktisch sein, weil es Verfahren verkürzt, gibt der Kommission aber auch erhebliche zusätzliche Macht.

Die Verordnung über Hygieneanforderungen für tierische Nebenprodukte (VO 1069/2009) wird mit Artikel 45 angepasst, um mit Hilfe eines in der VO (EU) 1069/2009 gegebenen Falls zu setzenden „Endpunktes“ für die Geltung der VO (EU) 1069/2009 dann die Möglichkeit zu eröffnen, derartige Stoffe dann in der neuen EU-Düngemittelverordnung als Ausgangsstoff für Düngeprodukte vorzusehen.

Die Pflanzenschutzmittel-Verordnung (VO 1107/2009) wird mit Artikel 46 angepasst. Damit wird sichergestellt, dass Stoffe, die als „Biostimulantien“ gehandelt werden sollen (eine der neuen Düngeproduktgruppen gemäß Anhang I) nicht auch der Pflanzenschutzmittelverordnung unterliegen. Übergangsregelungen in den Artikeln 47-49 sollen sicherstellen, dass nach bestehendem EU-Düngemittelrecht bereits im Verkehr befindliche Produkte aufgebraucht werden können.

Anhänge der Verordnung

In Anhang I werden unterschiedliche Produktfunktionskategorien (PFC1 bis PFC7) definiert. Diese sieben Hauptgruppen werden teilweise in zusätzlich in Untergruppen über mehrere Ebenen unterteilt. Für diese Produktfunktionsgruppen und deren Untergruppen werden dann die bekannten stofflichen Anforderungen getroffen, z. B. Mindestgehalt an Nährstoffen, Höchstgehalt an Schadstoffen, Hygieneanforderungen, Anforderungen an den TM-Gehalt, organischen Kohlenstoffgehalt und weitere. Folgende Düngemittelkategorien sind im aktuellen Entwurf vorgesehen:

PFC 1 Düngemittel mit der Unterteilung in mineralische, organische und organisch mineralische.
PFC 2 Calcium-/Magnesium-Bodenverbesserungsmittel zur Korrektur des Säuregehaltes des Bodens.
PFC 3 Bodenverbesserungsmittel unterteilt in eine mineralische und organische Untergruppe.
PFC 4 Kultursubstrate
PFC 5 Inhibitoren umfasst Nitrifikations-, Denitrifikations- und Ureasehemmstoffe.
PFC 6 Pflanzen-Biostimulantien sind Düngeprodukte die pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts stimulieren, wobei die Effizienz der Nährstoffverwertung und/oder die Toleranz gegenüber abiotischem Stress der Pflanzen verbessert werden soll. Diese Produktgruppe entspricht den Pflanzenhilfsmitteln der österreichischen Düngemittelverordnung 2004.
PFC 7 Düngeproduktmischung ist ein Düngeprodukt, das aus einem oder mehreren Düngeprodukten der Kategorien 1-6 besteht.

Neben den Produktfunktionsgruppen sieht der Verordnungsentwurf in Anhang II dann erstmals auch Definitionen und Auflagen für sehr grob abgegrenzte Gruppen von Ausgangsstoffen vor. Düngeprodukte dürfen nur aus Stoffen dieser elf Komponentenmaterialkategorien (CMC) bestehen:

CMC 1 Stoffe und Gemische aus unbearbeiteten Rohstoffen;
CMC 2 Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenextrakte; Pilze und Algen sind in den Definitionsbereich eingeschlossen.
CMC 3 Kompost; inklusive getrennt gesammelten Bioabfällen im Sinne der EU-Abfallrahmenrichtline
CMC 4 Gärrückstände von „frischen“ Pflanzen; Pflanzen die zum Zweck der Biogaserzeugung angebaut wurden
CMC 5: Andere Gärrückstände als Gärrückstände von „frischen“ Pflanzen
CMC 6 Nebenprodukte der Nahrungsmittelindustrie (Carbokalke, Molasse, Vinasse, Treber/Trester, Pflanzen nach CMC 2, Kalke aus der Trinkwassergewinnung)
CMC 7: Mikroorganismen; derzeit nur Azotobacter spp., Mycorrhizal fungi, Rhizobium spp., Azospirillum spp. Eine Arbeitsgruppe der Kommission klärt welche Gattungen für die Herstellung von Düngemittelprodukten noch in Frage kommen.
CMC 8 Inhibitoren wurde im Zuge der Verhandlungen in die Kategorie 1 verschoben
CMC 9: Nährstoff-Polymere; für die Steuerung der Nährstofffreisetzung
CMC 10: Sonstige Polymere mit Ausnahme von Nährstoff-Polymeren; in dieser Kategorie sind die Kunststoffe zu Umhüllung von Langzeitdüngemitteln und zur Steigerung der Wasserhaltefähigkeit von Kultursubstraten. Kommission soll für diese Materialien sieben Jahre nach Inkrafttreten per delegierte Rechtsakte Kriterien bezüglich der Abbaubarkeit im Boden erlassen. Derzeit ist keine genormte Methode zur Bestimmung der Abbaubarkeit von solchen Kunststoffen verfügbar.
CMC 11: Bestimmte tierische Nebenprodukte; diese Kategorie mit tierischen Nebenprodukten wird erst befüllt, wenn in der VO (EG) 1069/2009 „Endpunktkriterien (end of animal by product status)“ für bestimmte Produkte erlassen werden.
CMC 12: „Industrielle Nebenprodukte“; diese Kategorie wurde auf Wunsch der Düngemittelindustrie aufgenommen, da jetzt auch schon viele unbedenkliche Nebenprodukte von anderen chemischen Industrieprozessen für die EU-Düngemittelherstellung verwendet werden (z.B. Ammonium aus der Kunststoffherstellung, Phosphorsäure, etc.).
Derzeit wird von der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (Joint Research Center JRC) in Sevilla geprüft inwieweit und mit welchen Kriterien Aschen (v.a. Klärschlammaschen als Phosphorquelle), Struvit und Produkte aus der Pyrolyse (Pflanzenkohle) als Ausgangsstoff zur Herstellung von Düngemitteln in Frage kommen.

Im Anhang III des Verordnungsentwurfes sind neben den allgemeinen Kennzeichnungsanforderungen wie Produktbeschreibung, zugehörige PFC, Anwendungszweck und –mengen, etc., die für die jeweilige Produktionsfunktionskategorie spezifischen Anforderungen (Nährstoffgehalt, P-Löslichkeiten, Kupfer- und Zinkgehalte, etc.) aufgelistet. Im Teil III dieses Anhanges sind die Toleranzwerte für die positiven und negativen Abweichungen von den deklarierten Nährstoffgehalten zusammengefasst.

Die Anhänge IV und V beschreiben die fünf möglichen Module der Konformitätsbewertung von Düngemittelprodukten in Abhängigkeit der verwendeten Ausgangsstoffkategorie (Risiko abhängig). So dürfen laut diesem System Düngemittelprodukte aus unbearbeiteten Rohstoffen (CMC1), pflanzlichen Gärresten (CMC4) und Reststoffen aus der Lebensmittelindustrie (CMC6) durch Selbstdeklaration und Eigenbewertung (Modul A) des Herstellers in Verkehr gebracht werden. Vor dem Inverkehrbringen von Komposten und Gärresten aus Abfällen muss der Hersteller einer „notifizierten Stelle“ Prüfergebnisse vorlegen und den Nachweis eines Qualitätssicherungssystemes erbringen (Modul D1).

Zusammenfassung

Das vorgesehene neue EU Düngemittelrecht hat im Vergleich zur derzeitigen Regelung einen erweiterten Geltungsbereich und umfasst alle derzeit auf dem Markt befindlichen Düngemitteltypen. Für jeden dieser Düngemitteltypen sind Schwermetallgrenzwerte und andere Schadstoff und wo sinnvoll Hygiene relevante Anforderungen definiert. Die Definition der erlaubten Ausgangsstoffe wurde durch die Einführung der Materialkategorien im Anhang II umgesetzt. Die Aufnahme verschiedener Nebenprodukte und Abfallstoffe (industrielle Nebenprodukte, Kompost, Gärreste, Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie) in die Liste der erlaubten Ausgangsstoffe trägt zu einer Ressourcen schonenden und dem Sinne der Kreislaufwirtschaft entsprechenden Düngemittelproduktion bei.

Kontakt des Autors

DI Erwin Pfundtner
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Institut für nachhaltige Pflanzenproduktion
Spargelfeldstraße 191
A-1220 Wien
Tel.: +43 (0) 50 - 555 - 0

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